Kapitel 16

Ab und an versuchte ich Dir ein wenig Pause zu gönnen und versteckte die Rechner. Du warst außer Dir, ranntest aufgeregt, suchend durch die Wohnung und warst nicht in der Lage Dich auf etwas anderes zu konzentrieren. Ich versuchte hart zu bleiben und baute in regelmäßigen Abständen einen rechnerfreien Tag ein. Das war schwer auszuhalten, für mich und für Dich. Nach langem Suchen fand ich etwas, was Dir auch gut gefiel. Schwimmen gehen. Nach wie vor war Wasser Dein Element. Eine Freundin von mir arbeite in einer großen Firma, die ihren Angestellten ein Schwimmbad im hause zur Verfügung stellte, welches sie jederzeit benutzen konnten. Dort waren sehr selten am Wochenende Menschen und so konnten wir in aller Ruhe, ohne gestört zu werden,uns stundenlang dort aufhalten. Ab und an schafftest Du dann doch noch ein Mathematikstündchen dort einzubauen, indem Du die Male, die wir Dich ins Wasser warfen mit einer Rechenaufgabe verknüpftest. Das ließ ich dann durchgehen, da ich fand, dass das sehr einfallsreich war.

Ich spürte, dass ich anfing, intuitiv richtig zu handeln undmein Vertauen zu mir selbst wuchs allmählich an. In dem Masse, in dem ich anfing besser für mich zu sorgen, sodass es mir besser ging, konnte ich auch besser bei Dir schauen und rechtzeitig reagieren. Meine Anspannung legte sich undich schaffte es, dass Verhätnis, mit Dir zusammen zu sein und mir eigene Zeit für meine Interessen zu schaffen und in eine Ausgewogenheit zu bringen. Die Stunden, die ich mit Dir verbrachte, nicht mehr als Strafarbeit zu sehen, sondern sie dann auch mit Dir zu geniessen. Denn immer, wenn ich mit mir zufrieden war, konnte ich auch mit Dir besser umgehen. Natürlich gelang es mir nicht durchgängig, denn Störungen von Aussen, liessen sich nicht immer vermeiden. So geriet ich dann und wann aus dem Gleichgewicht, und Du natürlich auch.

Es waren noch so viele Dinge ungeklärt. Die Scheidung von Deinem Vater war ein wichtiges Thema und verschlang viel Zeit und kostete viel Nervenkraft. Sie vollzog sich wie ein Schlagabtausch zwischen Boxern. Die so oft erwähnte „schmutzige Wäsche“ wurde gewaschen und ließ mir oft Tag und Nacht keine Ruhe. Ich hoffte im Stillen auf eine gütliche Trennung, doch es gab fast nichts, um dass ich mich mit ihm streiten mußte – außer Euch Kinder, das wurde nicht einmal thematisiert. Das zermürbte, und ich konnte es auch nicht vor Euch Kindern verbergen. Dazu kamen die vielen Termine mit Dir und nicht zu vergessen, es gab auch noch Deinen Bruder, der oftmals nur funktioniern mußte, was sehr unfair ihm gegenüber war. Für eine Person  war das alles sehr schwer zu stemmen. Fast unmöglich einen einigermassen ruhigen Wochenablauf hinzukriegen, wenn im Kopf nur Chaos herrscht.